Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Dr. Maria Nooke, erklärt:
„Das heutige Urteil im Strafprozess gegen den ehemaligen Stasimitarbeiter Manfred N. entspricht der historischen Bewertung des Vorgangs. Ihr lagen drei zentrale Erkenntnisse zugrunde:
Der entscheidende Nachweis, dass der damalige Oberleutnant der Staatssicherheit Manfred N. den tödlichen Schuss auf den polnischen Bürger Czesław Jan Kukuczka abgegeben hat, konnte erst über eine Akte gefunden werden, die 2013 aus vorvernichteten Akten des MfS rekonstruiert worden war. Dieser Befehl zur Ordensverleihung an zwölf in das Geschehen involvierte Mitarbeiter des MfS weist glaubwürdig aus, dass der tödliche Schuss von Manfred Naumann abgegeben wurde.
Die Zeuginnen haben übereinstimmend ausgesagt, dass Czesław Jan Kukuczka nach der dritten Passkontrolle den Durchgang zum Bahnhof betreten hat, ohne den Anschein zu erwecken, dass er mit einer Gefahr rechnete. Der Schuss in den Rücken aus nächster Nähe traf ihn nach ihrer Aussage völlig überraschend und unvorbereitet. Es hätte auf Grund der Spezialausbildung des Täters und der Gegebenheiten auch andere Möglichkeiten gegeben, Czesław Jan Kukuczka zu überwältigen.
Dem Opfer wurde keine sofortige ärztliche Hilfe zuteil. Er wurde weder im Fahrzeug versorgt, noch in das nächstgelegene Krankenhaus verbracht, sondern in das weit entfernt liegende Haftkrankenhaus der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin Hohenschönhausen, wo er seinen schweren Verletzungen erlag.
Aus historischer Sicht machen Ablauf und Aktenlage einen Mord aus Heimtücke plausibel. Es wird sich zeigen, ob das Urteil akzeptiert oder angefochten wird.
Mein Dank gilt der polnischen Staatsanwaltschaft, die durch ihre Ermittlungen und das Auslieferungsersuchen diesen für die Angehörigen des Opfers wichtigen Strafprozess vor einem deutschen Gericht möglich gemacht hat. Der Prozess belegt die Bedeutung der juristischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht bis in die Gegenwart.“