In der Schriftenreihe der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) sind zwei neue Publikationen erschienen.
„Stimmen aus der Verbotszone. Texte und künstlerische Arbeiten der DDR-Opposition in den ‚radix-blättern‘“, herausgegeben von Stephan Bickhardt, Maria Nooke und Peter Ulrich Weiß, beschäftigt sich mit der Überwindung fehlender Meinungs- und Pressefreiheit in der DDR. Im Mittelpunkt steht die 1986 gegründete illegale Zeitschrift „radix-blätter“. Sie gilt als eine der außergewöhnlichen und wichtigen Schriftreihen der DDR-Opposition, da sie inhaltlich politische Gegenöffentlichkeit mit kulturellem Underground verknüpfte. Anspruchsvoll gestaltet und landesweit vertrieben, gaben ihre Beiträge wesentliche Anstöße für die oppositionelle Selbstverständigung und konkretes Protesthandeln. Der vorliegende Band versammelt in kommentierter Form erstmals Originaltexte und Werke aus den „radix-blättern“. Sie stammen von bekannten Oppositionellen wie Bärbel Bohley, Ludwig Mehlhorn oder Edelbert Richter sowie von Vertretern der alternativen Kunst- und Literaturszene wie Elke Erb, Adolf Endler oder Bert Papenfuß-Gorek.
In „Die Abriegelung. Das SED-Grenzregime zu West-Berlin in Brandenburg (1945–1989)“ legt der Historiker Rainer Potratz die erste Gesamtdarstellung über die Entstehungsgeschichte und Folgen des tödlichen DDR-Grenzsicherungssystems im ehemaligen Bezirk Potsdam vor. Vor dem Hintergrund der deutschen Teilung und des Kalten Kriegs setzten die SED-Machthaber damals alles daran, eine unüberwindbare Grenze zu errichten und die Menschen am Verlassen der DDR zu hindern. Anhand neuer Quellenfunde und zahlreicher Ortsbezüge zeigt der Autor, wie stark sich betroffene Grenzregionen und das Leben darin veränderten. Überwachung, Kontrolle und Zusammenwirken von Militär, Polizei und zivilen Institutionen werden ebenso thematisiert wie der Grenzalltag und die vielen Fluchtversuche.
Autor: Stefanie Wahl
Aufarbeitungsbeauftragte zum Urteil im Stasimord-Prozess gegen Manfred N. vor der 29. Strafkammer des Berliner Landgerichts
Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Dr. Maria Nooke, erklärt:
„Das heutige Urteil im Strafprozess gegen den ehemaligen Stasimitarbeiter Manfred N. entspricht der historischen Bewertung des Vorgangs. Ihr lagen drei zentrale Erkenntnisse zugrunde:
Der entscheidende Nachweis, dass der damalige Oberleutnant der Staatssicherheit Manfred N. den tödlichen Schuss auf den polnischen Bürger Czesław Jan Kukuczka abgegeben hat, konnte erst über eine Akte gefunden werden, die 2013 aus vorvernichteten Akten des MfS rekonstruiert worden war. Dieser Befehl zur Ordensverleihung an zwölf in das Geschehen involvierte Mitarbeiter des MfS weist glaubwürdig aus, dass der tödliche Schuss von Manfred Naumann abgegeben wurde.
Die Zeuginnen haben übereinstimmend ausgesagt, dass Czesław Jan Kukuczka nach der dritten Passkontrolle den Durchgang zum Bahnhof betreten hat, ohne den Anschein zu erwecken, dass er mit einer Gefahr rechnete. Der Schuss in den Rücken aus nächster Nähe traf ihn nach ihrer Aussage völlig überraschend und unvorbereitet. Es hätte auf Grund der Spezialausbildung des Täters und der Gegebenheiten auch andere Möglichkeiten gegeben, Czesław Jan Kukuczka zu überwältigen.
Dem Opfer wurde keine sofortige ärztliche Hilfe zuteil. Er wurde weder im Fahrzeug versorgt, noch in das nächstgelegene Krankenhaus verbracht, sondern in das weit entfernt liegende Haftkrankenhaus der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin Hohenschönhausen, wo er seinen schweren Verletzungen erlag.
Aus historischer Sicht machen Ablauf und Aktenlage einen Mord aus Heimtücke plausibel. Es wird sich zeigen, ob das Urteil akzeptiert oder angefochten wird.
Mein Dank gilt der polnischen Staatsanwaltschaft, die durch ihre Ermittlungen und das Auslieferungsersuchen diesen für die Angehörigen des Opfers wichtigen Strafprozess vor einem deutschen Gericht möglich gemacht hat. Der Prozess belegt die Bedeutung der juristischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung von DDR-Unrecht bis in die Gegenwart.“
„Letzte Adresse“ für Horst Borbe
geb. 5. 5. 1908, hingerichtet 1.10. 1951 in Moskau
Am 11. Oktober wurde eine Erinnerungstafel an seinem letzten Wohnort in Oderberg angebracht, wo der Schiffsbauingenieur zuletzt mit seiner Familie wohnte.
Im März 1951 nahm Horst Borbe Kontakt zum RIAS auf, da er in einer Sendung gehört hatte, dass der Sender Anstellungen im amerikanischen Seedienst vermittle. Von dort wurde er an das amerikanische Konsulat verwiesen, wo man ihn – unter dem Vorwand, er könne sich so das Geld für die Schiffspassage nach den USA verdienen – für den Spionagedienst anwarb. Am 16. April 1951 wurde Horst Borbe vom MfS verhaftet und der Sowjetischen Kontrollkommission übergeben.
Bei einer Hausdurchsuchung fand das MfS technische Zeichnungen und Lagepläne der Werft in Malz. Am 1. August 1951 wurde er in Potsdam wegen Spionage in der Sowjetischen Besatzungszone zum Tode durch Erschießen verurteilt. Das Präsidium des Obersten Sowjets lehnte sein Gnadengesuch ab. Das Todesurteil wurde am 1. Oktober 1951 in Moskau vollstreckt. 1998 wurde er von der Russischen Föderation rehabilitiert.
„Bis hierhin und nicht weiter!?“ Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten
Am 1. September 2024 startete eine neue Runde des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten. Für das Thema „Bis hierhin und nicht weiter!? Grenzen in der Geschichte“ wollen wir Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler begeistern und sie zu einer Teilnahme motivieren. Interessante Materialien zu Thema und Ablauf des Geschichtswettbewerbes finden Sie unter
Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten • Körber-Stiftung (koerber-stiftung.de)
Wir freuen uns über eine rege Teilnahme, damit möglichst viele Schülerinnen und Schüler in ihrem Lebensumfeld, der Familie oder der Region verschiedenste Grenzen erforschen. Die Teilnehmenden aller Schulstufen und Schularten können viele Preise auf Landes- und Bundesebene gewinnen.
Gern können Sie sich bei Fragen an Frau Hilliger (silvana.hilliger@lakd.brandenburg.de) oder Frau Pörschke (poerschke@koerber-stiftung.de) wenden.
Viel Erfolg!
Stellenausschreibung Mitarbeit Öffentlichkeitsarbeit
Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) berät Bürgerinnen und Bürger, die in der Sowjetischen Besatzungszone und DDR von Verfolgung betroffen waren und unterrichtet die Öffentlichkeit über die Wirkungsweisen diktatorischer Herrschaftsformen. Zudem berät sie öffentliche Stellen und kooperiert mit Opferverbänden und zahlreichen Bildungs- und Forschungsinstitutionen sowie öffentlichen Einrichtungen.
Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt befristet bis zum 30. September 2025 eine (studentische) Mitarbeiterin/ einen (studentischen) Mitarbeiter im Bereich Medien- und Öffentlichkeitsarbeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden.
Was wir Ihnen bieten:
ein vielseitiges Aufgabengebiet mit interessanten Tätigkeiten in einem qualifizierten und aufgeschlossenen Team
flexible und familienfreundliche Arbeitszeiten im Rahmen der Dienstvereinbarungen
einen attraktiven Standort im Herzen von Potsdam, der mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar ist
einen Zuschuss zum Firmenticket des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg
ein modernes, gut ausgestattetes Arbeitsumfeld
Ihr Aufgabengebiet:
Online-Redaktion der Webseite der LAkD (dazu zählen u. a. Bildrecherche und -bearbeitung, Bildrechteklärung, eigenständiges Verfassen von Texten, eigenständiges Einstellen aller Termine und Angebote der LAkD)
Vorbereitung von Druckprodukten und Veröffentlichungen (eigenständiges Erstellen von Arbeits- und Zeitplänen, Einholung der Inhalte, Texte und Bilder von den Fachreferenten, Fehlerkorrektur, fachgerechte Übergabe aller Materialien an die rahmenvertraglich gebundene Grafikfirma)
Bekanntmachung von Veranstaltungen und Projekten der LAkD über die E-Mail-Verteiler, die LAkD-Homepage, Internet-Plattformen, Einpflege in Veranstaltungsportale anderer Anbieter von Aufarbeitung und politischer Bildung
Begleitung und Dokumentation von Veranstaltungen: Öffentlichkeitsarbeit für die LAkD mit Büchertischen und Infoständen und Erstellung von Veranstaltungsfotos zur Nutzung in verschiedenen Formaten der Öffentlichkeitsarbeit
Mitarbeit an der Erarbeitung von Pressemitteilungen
Pflege der Presse- und Einladungsverteiler
Was Sie mitbringen:
Studium im Bereich Kommunikation, Public Relation, Journalismus oder Geisteswissenschaft, befindlich mindestens im 3. Semester
Sonstige Anforderungen:
Anwendungskenntnisse der einschlägigen Standardsoftware (MS-Office)
Führerschein Kl. B
Weitere Kompetenzen:
Selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten
ausgeprägtes Organisationstalent
gute kommunikative Fähigkeiten
sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift
Bereitschaft und Fähigkeit zu teamorientiertem Arbeiten
Was für Sie noch von Interesse ist:
Arbeitsort: Potsdam
Entgelt: Die auszuübenden Tätigkeiten lassen eine Bewertung bis zur Entgeltgruppe 9b TV-L zu.
Wir begrüßen Bewerbungen unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität. Für Schwerbehinderte gelten bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung die Bestimmungen des SGB IX.
Wir möchten Sie kennenlernen:
Wir freuen uns, wenn Sie sich von dieser Ausschreibung angesprochen fühlen und bitten Sie, Ihre Bewerbung mit aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bis zum 4. Oktober 2024 per E-Mail an personal@lakd.brandenburg.de (Unterlagen bitte in einer PDF-Datei gebündelt) oder postalisch an:
Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur
Bereich Personal
Hegelallee 3
14467 Potsdam
zu senden. Bitte beachten Sie, dass Online-Bewerbungen nur mit PDF-Anhängen bearbeitet werden. E-Mails mit anderen Dateianhängen werden aus Sicherheitsgründen gelöscht.
Für nähere Informationen zum Ausschreibungsverfahren stehen Ihnen Frau Hilliger (Tel.: 0331 / 23 72 92 – 22) und Frau Domhardt (Tel.: 0331 / 23 72 92 – 27) gern zur Verfügung.
Die Bewerbungsgespräche finden voraussichtlich am 18. Oktober 2024 statt.
Datenschutzhinweis:
Mit der Abgabe einer Bewerbung erklären Sie sich mit der Verarbeitung Ihrer Bewerbungsunterlagen einverstanden und stimmen der vorübergehenden Speicherung Ihrer Daten im Rahmen des Auswahlverfahrens auf der Grundlage des § 26 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes zu. Weitere Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte der Internetpräsentation der LAkD. Nach Abschluss des Besetzungsverfahrens werden die Bewerbungsunterlagen unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen vernichtet.
Aufarbeitungsbeauftragte übergibt Tätigkeitsbericht an Vizepräsidentin
Aufarbeitungsbeauftragte Dr. Maria Nooke übergab am 9. September 2024 ihren Tätigkeitsbricht für die Jahre 2022 und 2023 an die Vizepräsidentin des Landtages Brandenburg Barbara Richstein. Auf der folgenden Pressekonferenz stellte Maria Nooke den Medien die wichtigsten Themen und Arbeitsschwerpunkte vor, beantwortete die Fragen der Journalisten und gab Interviews.
Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur informiert alle zwei Jahre das Parlament in Form von Tätigkeitsberichten über ihre Arbeit und stellt die wesentlichen Ergebnisse im Parlament zur Diskussion.
Opferentschädigung: Landesbeauftragte nehmen Stellung zum neuen Gesetzesentwurf
Konferenz der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur
20. Juni 2024
Betreff: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz: Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR
Hier: Stellungnahme der Konferenz der Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur
Sachverhalt
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wurde 2021 vereinbart, Verbesserungen für Betroffene von SED-Unrecht zu erreichen: „Im Einvernehmen mit den Ländern erleichtern wir die Beantragung und Bewilligung von Hilfen und Leistungen für Opfer der SED-Diktatur, insbesondere für gesundheitliche Folgeschäden, passen die Definition der Opfergruppen an die Forschung an und dynamisieren die SED-Opferrente. Wir richten ergänzend einen bundesweiten Härtefallfonds für die Opfer ein und entwickeln hierfür die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge weiter.“[1]
Die Konferenz der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur hatte am 16. Mai 2022 ein Papier mit konkreten Vorschlägen für die anstehende Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze (SED-UnBerG) und angrenzender Regelungen vorgelegt.[2]
Am 22. Mai 2024 stellte das Bundesministerium der Justiz einen Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vor.[3]
Stellungnahme
Es ist insbesondere im Interesse der von SED-Unrecht Betroffenen zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften jetzt vorgelegt wurde und damit die Möglichkeit eröffnet wird, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorhaben vor Ablauf der Legislaturperiode umzusetzen. Der Entwurf greift dabei auch Vorschläge der Konferenz der Landesbeauftragten auf. Im Folgenden werden einzelne Punkte des Entwurfs einer Bewertung unterzogen.
1. Härtefallfonds
1.1 Zustimmung
Zu begrüßen ist die im Entwurf vorgesehene Einrichtung eines bundesweiten Härtefallfonds für Betroffene von SED-Unrecht. Damit können Betroffene aller Bundesländer nach den gleichen Kriterien Hilfen aus dem Fonds erhalten. Bisher gab es entsprechende Hilfen nur in den ostdeutschen Bundesländern und Berlin. Zahlreiche, in den westdeutschen Bundesländern wohnende, Betroffene waren bisher von den Hilfen ausgeschlossen. Dass der Härtefallfonds bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge und unter Aufsicht der SED-Opferbeauftragten eingerichtet werden soll, ist eine sachgerechte Entscheidung und findet Zustimmung.
1.2 Kritik
Zu kritisieren ist die voraussichtlich nicht auskömmlich vorgeschlagene Ausstattung des Härtefallfonds mit einem Volumen von 1 Million Euro jährlich. Kalkuliert wird mit 500 Anträgen bei einer Bewilligungsquote von 50 Prozent, so dass jährlich mit 250 Betroffenen mit einer durchschnittlichen Leistung von 4.000 Euro gerechnet wird. Die Bewilligungsquote ist aus der Praxis der Länderhärtefallfonds zu niedrig angesetzt. Für das Fondsvolumen wurde die angenommene durchschnittliche Ausstattung der Härtefallfonds der ostdeutschen Bundesländer mit jeweils 100.000 Euro zugrunde gelegt. Entsprechend soll der bundesweite Härtefallfonds mit jeweils 100.000 Euro für die zehn westdeutschen Länder ausgestattet werden. Eine Finanzierung für Antragsteller aus den ostdeutschen Ländern ist damit nicht vorgesehen. Das Fondsvolumen müsste ansonsten entsprechend der Kalkulation 1,6 Millionen Euro betragen. Es ist in der Ausgestaltung des Fonds dafür Sorge zu tragen, dass Antragsteller aus den ostdeutschen Ländern nicht ausgeschlossen oder benachteiligt werden. Darüber hinaus ist auch die Frage zu klären, welchen Status die Fonds in den ostdeutschen Ländern perspektivisch haben werden und ob mit dieser Lösung eine finanzielle Benachteiligung der ostdeutschen Länder einhergeht. Zudem ist das Missverhältnis zwischen Fondsvolumen und den vorgesehenen Kosten für die verwaltungsmäßige Umsetzung infrage zu stellen, insbesondere bei den geplanten fünf Stellen für die Fach- und Rechtsaufsicht.
2. Besondere Zuwendung für Haftopfer („Opferrente“) nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG)
2.1 Zustimmung
Zu begrüßen ist die nunmehr vorgesehene jährliche Anpassung der Höhe der Besonderen Zuwendung an die Entwicklung der gesetzlichen Rente. Eine engmaschigere Dynamisierung hatte auch die Konferenz der Landesbeauftragten vorgeschlagen. Begrüßt wird auch, dass bei der Bedürftigkeitsprüfung künftig auf die Anrechnung von staatlichen Sonderleistungen wie Corona-Soforthilfen oder Energiepreispauschalen verzichtet werden soll.
2.2 Kritik
2.2.1 Dynamisierung
Seit der zuletzt 2019 erfolgten Erhöhung der Besonderen Zuwendung von 300 auf 330 Euro haben sich die Lebenshaltungskosten dramatisch erhöht. Mit einer entsprechend dem Vorschlag Anfang 2025 an die Rente gekoppelten zu rechnenden Erhöhung um einige Prozentpunkte ist der entstandene Rückstand nicht aufzuholen. Der Grundbetrag der Besonderen Zuwendung sollte durch das Gesetz noch einmal deutlich angehoben werden, bevor 2025 die jährliche Dynamisierung einsetzt.
2.2.2 Bedürftigkeitsprüfung
Auch wenn der Gesetzgeber 2007 die Besondere Zuwendung nicht als „Ehrenpension“, sondern als Nachteilsausgleich für die verfolgungsbedingten wirtschaftlichen Folgen eingeführt hat, empfinden Betroffene die für die Antragstellung notwendige Bedürftigkeitsprüfung als demütigend und bürokratisch. Die Zahl der Ablehnungen aufgrund der Überschreitung der Einkommensgrenze ist seit Jahren rückläufig und bewegt sich im einstelligen Prozentbereich. Der Aufwand zur Erhebung der Einkommensverhältnisse, der alle Antragsteller betrifft, ist beträchtlich und nicht verhältnismäßig. Es sollte daher auf die Bedürftigkeitsprüfung verzichtet werden.
Der Vorschlag der Konferenz der Landesbeauftragten, auf die Anrechnung von Prozesskostenhilfe bei der Bedürftigkeitsprüfung zu verzichten, wurde nicht aufgegriffen.
3. Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden nach Sozialgesetzbuch (SGB) XIV
In den Gesetzentwurf wurden keine Vorschläge für die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Erleichterungen bei der Beantragung und Bewilligung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden im sozialen Entschädigungsrecht aufgenommen, da mit dem neuen seit Anfang 2024 gültigen Sozialgesetzbuch (SGB) XIV in dieser Hinsicht Rechnung getragen worden sei. Eine solche positive Wirkung lässt sich aus der Beratungspraxis leider nicht bestätigen. Erforderlich ist deshalb die Einführung kriterienbasierter Vermutungsregelungen, wie von der SED-Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag Evelyn Zupke in ihrem, dem Bundestag vorgelegten, Sonderbericht vom 12. März 2024 vorgeschlagen wurde, wonach: „[…] der Zusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und gesundheitlicher Schädigung zukünftig anhand definierter Kriterien als gegeben vorausgesetzt wird. Der Katalog der schädigenden Ereignisse (bspw. politische Haft, Zersetzungsmaßnahmen) und der gesundheitlichen Schädigungen (bspw. PTBS, Angststörung), bei denen zukünftig der Zusammenhang als gegeben vorausgesetzt wird, könnte durch eine entsprechende Rechtsverordnung konkretisiert werden.“[4]
4. Ausgleichsleistungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG)
4.1 Zustimmung
Die vorgesehene Dynamisierung der Ausgleichsleistungen für beruflich Benachteiligte durch die Koppelung mit der jährlichen Rentenanpassung, der Verzicht auf die Absenkung der Leistung bei Renteneintritt von 240 Euro auf 180 Euro und der Verzicht auf die Anrechnung des Einkommens des Partners bei der Bedürftigkeitsprüfung sind sehr zu begrüßen und waren auch von der Konferenz der Landesbeauftragten gefordert worden.
4.2 Kritik
Die von der Konferenz der Landesbeauftragten vorgeschlagene Verkürzung der für den Bezug der Ausgleichsleistungen notwendigen Mindestverfolgungszeit von 3 Jahren auf 1 Jahr wurde nicht berücksichtigt. Auch eine kurzzeitige schwerwiegende Verfolgung konnte zu nachhaltigen Beeinträchtigungen auf dem weiteren Ausbildungs- oder Berufsweg geführt haben, deren Folgen bis heute nachwirken. Für Betroffene, deren Verfolgung bis zum 2. Oktober 1990 andauerte, gilt die Frist nicht, so dass diese selbst bei einer rehabilitierten Verfolgungszeit von nur einem Tag Anspruch auf die Ausgleichsleistungen hätten. Daher ist eine Verkürzung der Mindestverfolgungszeit geboten, um die durch die bestehende Regelung möglichen gravierenden Ungerechtigkeiten bei der Bemessung der Verfolgungszeiten zu mildern.
5. Einmalzahlung für Betroffene von Zwangsaussiedlungen nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG)
5.1 Zustimmung
Eine Einmalzahlung für Betroffene von Zwangsaussiedlungen ist auch von der Konferenz der Landesbeauftragten vorgeschlagen worden und ist grundsätzlich zu begrüßen.
5.2 Kritik
Die Einmalzahlung orientiert sich an der Höhe der 2019 eingeführten Leistung für Betroffene von Maßnahmen der Zersetzung. Bereits diese Einmalzahlung für Betroffene von Maßnahmen der Zersetzung kann in der Höhe von 1.500 Euro lediglich als eine symbolische Leistung verstanden werden und wird dem langanhaltenden Leid der Betroffenengruppen sowohl der Zwangsausgesiedelten, als auch der Menschen, welche Maßnahmen der Zersetzung erlitten haben, nicht gerecht. Viele Betroffene leiden heute immer noch unter den schwerwiegenden Folgen. Es verbietet sich, das Leid verschiedener Opfergruppen gegeneinander aufzurechnen. Dennoch könnte bei der Zuerkennung einer angemessenen Höhe der Leistung für die Betroffenen von ZwangsaussiedlungenBezug genommen werden auf die Hilfesysteme wie den Fonds Heimerziehung oder die Stiftung Anerkennung und Hilfe. Aus der Erfahrung der Beratungsarbeit und gestützt durch die Evaluierung kann festgestellt werden, dass beide Hilfesysteme eine nachhaltige Befriedung bei den Leistungsempfängern erreicht haben.
In der Gesetzesbegründung wird mit Verweis auf § 2 Absatz 4 Satz 9 VwRehaG auf einen Ausschlussgrund für die Einmalleistung hingewiesen, der eintritt, „wenn auf Grund desselben Sachverhalts Ausgleichsleistungen gewährt wurden oder zukünftig gewährt werden“. Dies würde in Betracht kommen, „wenn bereits seitens der DDR auf der Grundlage des dortigen Rechts eine Entschädigung für die Zwangsaussiedlung gezahlt wurde. Er greift auch in Fällen, in denen Betroffene Leistungen der ‚Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen‘ erhalten haben.“[5] Auf diese Einschränkungen sollte grundsätzlich verzichtet werden. Sie sind nicht sachgerecht und stellen eine Kränkung für Betroffene dar. Thüringer Betroffene wegen der von 1997 bis 2000 erhaltenen Leistung auszuschließen, verbietet sich insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Thüringen mit seiner Stiftungslösung ausdrücklich einer bundesgesetzlichen Regelung nicht im Weg stehen wollte.
6. Zweitantragsrecht nach Strafrechtlichem Rehabilitierungsgesetz
Bei den Rehabilitierungsgerichten in den verschiedenen Bundesländern gibt es eine unterschiedliche Auslegung eines Zweitantragsrechts nach § 1 Absatz 6 Satz 2 StrRehaG. In vielen Fällen wurde Betroffenen dieses Recht zugestanden, obwohl ein Antrag auf Rehabilitierung zuvor rechtskräftig abgelehnt worden war. In Thüringen beispielsweise werden aber von den zuständigen Gerichten Anträge von Personen zurückgewiesen, deren strafrechtliche Rehabilitierung vor der letzten Novellierung 2019 abgelehnt wurde, auch wenn sie nach der neuen Rechtslage erfolgreich gewesen wäre. Es ist für die Betroffenen nicht zumutbar, dass es für den Erfolg des Verfahrens auf den damaligen Repressionsort ankommt. Hier muss der Gesetzgeber für Klarheit sorgen. Um einen für alle Betroffenen einheitlichen Rechtsvollzug sicherzustellen, sollte im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz präzisiert werden, dass die Möglichkeit eines Zweitantrags eingeräumt wird, wenn ein zuvor abgelehnter Antrag nach einer Gesetzesänderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes positiv hätte entschieden werden können. Bereits 2019 forderte die FDP-Bundestagsfraktion zu Recht ein „Zweitantragsrecht auch für die Fälle, in denen das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz selbst geändert wird und eine neue Fassung des Gesetzes für einen Betroffenen eine günstigere Regelung enthält als frühere Fassungen“.[6]
Zudem stellt die Verweigerung eines Zweitantragsrechts für Haftopfer bei verbesserter Gesetzeslage eine nicht hinnehmbare Schlechterstellung dieser gegenüber den verwaltungsrechtlich und beruflich Verfolgten dar, die gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG stets von einer Änderung der Sach- oder Rechtslage zu ihren Gunsten profitieren.
7. Berücksichtigung der Betroffenen von DDR-Zwangsdoping
Bei der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Definition von Betroffenengruppen entsprechend aktueller Forschungen[7] wurde im Gesetzentwurf die Betroffenengruppe der ehemaligen Sportlerinnen und Sportler, die im Zwangsdopingsystem der DDR ohne Rücksicht auf die gesundheitlichen Folgen für die sportpolitischen Ziele der SED-Diktatur instrumentalisiert wurden, nicht berücksichtigt. Diese Betroffenen wurden zu Objekten der Durchsetzung staatlicher Interessen degradiert und somit in ihrer Menschenwürde verletzt. Viele ehemalige Sportlerinnen und Sportler leiden heute unter schweren physischen und psychischen Folgen der medizinisch nicht indizierten Vergabe von Medikamenten, die teilweise auch nach DDR-Recht nicht zugelassen waren, das dadurch ermöglichte übermäßige Trainingspensum, den permanenten Druck, die Indoktrination, die strenge Erziehung in Internaten, die Isolierung von familiären Bezugspersonen. Sie sind aufgrund der gesundheitlichen Folgen oftmals nicht in der Lage, ihren Beruf auszuüben und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Die zur Linderung der gesundheitlichen Schädigungen notwendigen Therapien und Hilfsmittel werden nur zum Teil von den Krankenkassen getragen.
Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2024 ist der Weg für diese Betroffenengruppe versperrt, eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung für die gesundheitlichen Schädigungen zu erreichen und in einem zweiten Schritt einen Ausgleich durch das soziale Entschädigungsrecht. Für die Betroffenen von DDR-Zwangsdoping wird deshalb ein angemessener, dauerhafter und regelmäßiger Ausgleich gefordert.
Fazit
Die Landesbeauftragten fordern, die von SED-Unrecht Betroffenen mit der anstehenden Novellierung der Reha-Gesetze sichtbar zu unterstützen. Angesichts des hohen Lebensalters der Betroffenen muss dringend eine grundlegende Vereinfachung und Verbesserung des Zugangs zu Leistungen für Opfer der SED-Diktatur erfolgen.
Frank Ebert
Berliner Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Maria Nooke
Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur
Burkhard Bley
Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Nancy Aris
Sächsische Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
Johannes Beleites
Beauftragter des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Peter Wurschi
Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Die Pressemitteilung der Landesbeauftragtenkonferenz zum Thema finden Sie hier
[1] Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, S. 88 – siehe: www.spd.de/koalitionsvertrag2021 (Abruf 27.05.2024).
[2] Die Vorschläge der Landesbeauftragten-Konferenz sind als Anlage beigefügt.
[3] www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2024_SED_Opferentschaedigung.html (Abruf 27.05.2024).
[4] Vgl. www.bundestag.de/parlament/sed-opferbeauftragte/Termine_Besuche/text-993028; https://dserver.bundestag.de/btd/20/106/2010600.pdf (Abruf 28.05.2024)
[5] Vgl. Referentenentwurf: Zu Artikel 4, S. 33.
[6] Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 19/14429.
[7] Vgl. Braun, Jutta; Wiese, René: Sportgeschichte vor Gericht. Ein Gutachten zu Dopingpraxis und SED-Unrecht im DDR-Sport;
Landesbeauftragte (Hg.): DDR-Staatsdoping und Sportgeschädigte. Zur Aufarbeitung des DDR-Leistungssportsystems und der gesundheitlichen Folgeschäden. Schwerin 2023;
Bernhard Strauß, Jörg Frommer, Georg Schomerus & Carsten Spitzer (Hg.): Gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht, https://psychosozial-verlag.de/programm/1000/6201-detail (Abruf 18.06.2024); www.uniklinikum-jena.de/sedgesundheitsfolgen/Der+Verbund/Teilprojekte/Dopingfolgen.html (Abruf 28.05.2024); Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen (Hg.): Staatsdoping in der DDR. Eine Einführung. Schwerin 2017.
Mehr DDR-Vergangenheit vermitteln, mehr Diktaturgeschichte erklären
Bundeskongress zur Aufarbeitung der SED-Diktatur fordert mit Resolution „Mehr DDR-Vergangenheit vermitteln, mehr Diktaturgeschichte erklären“ und übt Kritik an den Novellierungsplänen der Bundesregierung zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen
Auf dem gestern zu Ende gegangenen 27. Bundeskongress zur Aufarbeitung der SED-Diktatur übergab die Brandenburger Aufarbeitungsbeauftragte Dr. Maria Nooke der 2. Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz, Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, die Resolution „Mehr DDR-Vergangenheit vermitteln, mehr Diktaturgeschichte erklären“ der Aufarbeitungsbeauftragten der ostdeutschen Länder, der SED-Opferbeauftragten, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und des Geschichtslehrerverbandes, die von zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterzeichnet wurde. Zentrale Forderungen sind eine stärkere Vermittlung und Auseinandersetzung mit der Geschichte der SBZ/DDR, ihre prüfungsrelevante Verankerung im Schulunterricht in ganz Deutschland und die Einrichtung von Lehrstühlen zur Zeitgeschichte mit dem Schwerpunkt Geschichte der SBZ/DDR zur Sicherung kontinuierlicher universitärer Lehre und Lehrkräfteausbildung. Hier finden Sie die Resolution im Wortlaut.
Zustimmung, aber auch deutliche Kritik gab es an den Novellierungsplänen der Bundesregierung zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen. Während die seit Jahren geforderte Dynamisierung der Opferrente und der Leistungen für beruflich Verfolgte im vorliegenden Referentenentwurf zumindest Berücksichtigung findet, fehlen zentrale Bestandteile einer dringend notwendigen Verbesserung der Lebenssituation von politisch Verfolgten durch ein neues System zur Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden noch immer. Die Aufarbeitungsbeauftragten und Opferverbände fordern ebenso wie die SED-Opferbeauftragte und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die im Koalitionsvertrag angekündigte Einführung einer grundlegenden Vereinfachung des Systems zur Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden bei politisch Verfolgten. Aktuelle Forschungsergebnisse machen die Erforderlichkeit angesichts einer hohen Zahl der davon Betroffenen bei dennoch geringer Anerkennungsquote noch einmal besonders deutlich.
Der 27. Bundeskongress wurde gemeinsam von der Konferenz der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der SED-Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag veranstaltet.
Umstrittene Umbrüche
Am 15. Februar 2015 wurde im gut besuchten Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam der neue LAkD-Band „Umstrittene Umbrüche. Das Ende der SED-Diktatur und die Transformationszeit in Brandenburg“ vorgestellt. In dem Buch wird erforscht, wie sich das Leben und die Gesellschaft für die Brandenburgerinnen und Brandenburger nach der Friedlichen Revolution veränderte. Dabei geht es um Erfolge im Einigungsprozess ebenso wie um politisches Versagen und bis in die Gegenwart reichende Fehlentwicklungen.
Nach einer Einführung durch die Herausgeber diskutierten Matthias Platzeck (Bürgerrechtler und Ministerpräsident a.D.), Karin Genrich (Potsdamer Modehändlerin und Ehrenpräsidentin des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg), Michael „Bodenski“ Boden (Gründer der Brandenburger Musikband „Subway to Sally“) sowie Florentine Schmidtmann (Ausstellungskuratorin) über ihr Erleben der Zäsur von 1989/90 und den anschließenden Neuanfang. Das Gespräch zeigte eindrücklich: Der abrupte Wechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft, vom DDR-Kulturbetrieb ins westliche Musikbusiness, vom Bürgerrechtler-Engagement ins Ministeramt bedeutete für alle eine gänzliche Umstellung und einen Sprung ins Ungewisse sowie ein jahrelanges Nachholen bzw. learning by doing, um zu bestehen. Dass die gewählten Wege erfolgreich waren, zeigte sich erst weit im Nachhinein. Dennoch: Tausenden Arbeitern das Ende ihres Betriebes und ihres bisherigen Berufslebens verkünden zu müssen, gehörte zu den härtesten Erfahrungen in seinen Amtszeiten, so Matthias Platzeck.
Traumaberatung in Potsdam
2. Januar 2025, 12:00 – 16:30Traumaberatung in Neuruppin
3. Januar 2025, 13:30 – 18:30Traumaberatung in Senftenberg
6. Januar 2025, 13:30 – 18:00
Geschichte vor Ort
Praxisorientierte Fortbildung zur Begleitung von lokalen Jugendgeschichtsprojekten
Die aus mehreren Modulen bestehende Reihe richtet sich an Multiplikatoren der Jugendarbeit, der Erinnerungskultur und andere Menschen, die gern mit Kindern und Jugendlichen historische Projektarbeit machen wollen. Es werden pädagogische Methoden und Grundlagen geschichtlicher Recherchen vermittelt, Erinnerungsorte besucht und Gespräche mit Zeitzeugen und Experten geführt.
Aufarbeitungsbeauftragte Dr. Maria Nooke ist neue Vorsitzende der Beiratskommission II
Am 15. Februar 2023 wurde Brandenburgs Aufarbeitungsbeauftragte Dr. Maria Nooke als berufenes Mitglied des Beirats der Stiftung „Brandenburgische Gedenkstätten“ auf der konstituierenden Sitzung zur Vorsitzenden der Beiratskommission II gewählt. Die Beiratskommission berät die Stiftung zu Themen der Geschichte der NKWD-Lager sowie des politischen Strafsystems der sowjetischen Besatzungsmacht und der DDR. Die Berufung in den Beirat ist für vier Jahre erfolgt.
„Freiheit wollen wir!“ 70 Jahre danach: Der Volksaufstand im Gespräch
Um gemeinsam an die Ereignisse um den 17. Juni 1953 im Land Brandenburg zu erinnern und das Wissen weiterzutragen, lud die Aufarbeitungsbeauftragte des Landes Brandenburg (LAkD) mit unterschiedlichen Kooperationspartnern an sechs Orten Menschen zum Gespräch ein.
Zu Beginn der Abende standen viele Fragen im Raum: Wie war die politische und soziale Lage in der DDR und speziell im Land Brandenburg in den Jahren 1952/53? Welche politischen Maßnahmen setzte die SED-Führung auf Geheiß von Stalin ab Sommer 1952 gewaltsam um? Wieso kamen immer neue soziale Gruppen wie z.B. Bauern mit größeren Landwirtschaften und private Geschäftsleute unter Druck? Warum wurden junge christliche Menschen in den Jungen Gemeinden kriminalisiert und vom Abitur ausgeschlossen? Wieso füllten sich die Gefängnisse bis zum 17. Juni 1953 immer mehr? Wie viele Menschen flüchteten in dieser Zeit in den Westteil Deutschlands? Welche Rolle spielten die Normerhöhungen als Auslöser der Proteste? Wie verbreitete sich die Protestwelle im Land bis hin in kleine Dörfer?
Fachkundige Historiker-Antworten luden die Menschen unter Moderation von Susanne Kschenka (LAkD) zum Nachdenken, Fragen und zum Erzählen von eigenen Erinnerungen ein. Erstaunlich war, dass sich an allen Abenden Menschen beteiligten, die den 17. Juni 1953 als Kinder erlebt hatten: als freche, neugierige Jungs entlang der Demonstrationszüge, als Sohn in Angst um die Mutter in einem von Demonstranten belagerten Haus, der die ankommenden sowjetischen Soldaten als Schutz erlebte oder als Dreijährige, die voller Schrecken plötzlich vor einem Panzer stand.
In jedem Ort nahmen die Gesprächsabende einen anderen Verlauf, je nachdem, was damals im Ort vorgefallen war und was darüber heute bekannt ist, was erinnert wurde und welche Fragen und Beiträge von Teilnehmenden wie auch Lokal-Historikern ins Gespräch gebracht wurden.
Ein herzlicher Dank an alle Kooperationspartner – es waren interessante, berührende und lehrreiche Abende.