
Im Alter von 84 Jahren verstarb am 29. März 2025 einer der großen DDR-Oppositionellen – der Politiker und Menschenrechtsaktivist Gerd Poppe. Er studierte Physik, arbeitete bis 1976 im Halbleiterwerk Stahnsdorf (bei Berlin). Während des Prager Frühlings begann Gerd Poppe sich in oppositionellen Gruppen in Ost-Berlin zu engagieren, verweigerte den Dienst mit der Waffe und protestierte 1976 gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Daraufhin erhielt er ein faktisches Berufsverbot und arbeitete bis 1984 als Maschinist in einer Schwimmhalle. Er engagierte sich konsequent gegen das SED-Regime, baute Kontakte zu Oppositionellen in Ostmitteleuropa auf, organisierte Lesungen mit DDR-Kritikern und eröffnete gemeinsam mit seiner Frau Ulrike Poppe 1981 einen freien Kinderladen in Berlin Prenzlauer Berg, der allerdings schon 1983 zerstört und seine Wiedereröffnung verboten wurde. Gerd Poppe war Mitherausgeber und Autor mehrerer illegaler Samizdat-Publikationen wie „Grenzfall“, „Spuren“ und „Ostkreuz“ und gehörte 1985/86 zu den Gründern der „Initiative Frieden und Menschenrechte“, die er ab Dezember 1989 am Zentralen Runden Tisch vertrat. Zunächst Minister ohne Geschäftsbereich in der Regierung Modrow zog er mit dem Bündnis 90 im März 1990 in die erste frei gewählte Volkskammer der DDR ein und war danach bis 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages als Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen.
Selbst jahrelang starken Repressionen des DDR-Staates ausgesetzt – 44 Stasimitarbeiter spionierten ihn aus –, setzte er sich später aktiv für die Aufarbeitung der Geschichte der SED-Diktatur und des Kommunismus ein und war von 1992 bis 1998 Obmann in den Enquete-Kommissionen des Bundestages. Zudem war er Vorstandsmitglied der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der erste Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. 1995 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Mit Gerd Poppe verlieren wir eine der prägendsten Persönlichkeiten im Kampf um Freiheit und Menschenrechte.
Wir trauern mit seiner Familie und seinen Freunden.
Dr. Maria Nooke
Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur