Wir haben den Verein „Kindergefängnis Bad Freienwalde” gegründet, um Betroffenen die Möglichkeit der Aufarbeitung zu bieten. Und dafür stehen wir: Es soll nicht vergessen werden, was mit uns dort geschah und worunter wir heute noch leiden. Am wichtigsten ist uns die gesellschaftliche Anerkennung dafür, dass uns Unrecht geschah. Wir setzen uns dafür ein, dass das „Kindergefängnis Bad Freienwalde” vom Status her mit dem geschlossenen Jugendwerkhof Torgau gleichgestellt und unsere Rehabilitierung damit erleichtert wird.
Wir sagen bewusst „eingesperrt”: Die Kinder und Jugendlichen wurden als erstes für drei Tage in eine Einzelhaftzelle gesperrt, erst danach kamen sie in eine Gruppe. Kontakte zur Außenwelt gab es nicht. Die DDR-Jugendhilfe machte das als Gefängnis errichtete Gebäude 1968 ohne Umbau zum Durchgangsheim. Es sollten darin Kinder und Jugendliche, die auf einen Heimplatz warteten, für maximal 18 Tage untergebracht werden. Diese Maximaldauer wurde jedoch nur sehr selten eingehalten, die meisten Insassen waren länger als ein halbes Jahr dort eingesperrt. Bis zu seiner Schließung 1987 wurde das Gebäude ohne jeglichen Umbau genutzt, d.h. die Unterkunft der Kinder und Jugendlichen waren Zellen. Es standen zwei Doppelstockbetten in den Räumen, die Fenster waren mit Gittern gesichert. In den Zellen gab es keine Toilette – dort befand sich lediglich ein Eimer mit Deckel, aber keine Waschmöglichkeit.
Der Alltag im „Kindergefängnis“ Bad Freienwalde war charakterisiert von:
- Bestrafung durch Entzug von Trinken und Essen sowie kalten Zellen
- Körperliche Bestrafung durch Schläge und durch übermäßig sportliche Aktivitäten
- Seelische Bestrafung – Arrest in Einzelzellen, keine Besuchserlaubnis
- Einweisung ohne gerichtliches Urteil, sondern auf Entscheidung der Jugendhilfe
- Keine Information an die Insassen über Aufenthaltsdauer und weiteres Verfahren
- Zwangsarbeit auch von Jugendlichen unter 14 Jahren
- Vollständige Freiheitsberaubung
- Schulischer Bildungsrückgang (Unterricht nur in drei Fächern – und das für alle Kinder und Jugendlichen ganz gleich welchen Alters)
- Zwangsausschulung auf Anweisung der Jugendhilfe
- Unzureichende medizinische Versorgung
- Sexuelle Übergriffe auf Schutzbefohlene
Ansprechpartner
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