Das Wegschauen hält bis heute an

Prof. Dr. Barbara Kavemann (l.), Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, und Dr. Maria Nooke (r.), Aufarbeitungsbeauftragte des Landes Brandenburg, eröffnen das Fachgespräch in Potsdam.

Bei einem Fachgespräch zu sexuellem Kindesmissbrauch in der DDR mit besonderem Blick auf Menschen mit Behinderungen am 18. Februar 2025 in Potsdam berichteten Betroffene erstmals öffentlich über das erlebte Unrecht. Veranstaltet wurde das Fachgespräch von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Kooperation mit der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD).

Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke hielt ein Grußwort.
Prof. Dr. Julia Gebrande (Mitte), Vorsitzende der Aufarbeitungskommission, nach ihren einführenden Begrüßungsworten.

Auf mehreren Podien sprachen Erfahrungsexpertinnen und –experten über Missbrauch und Gewalt in der DDR. Den häufig gewaltvollen alltäglichen Umgang in Heimen und Internaten sowie das bewusst vermittelte Gefühl der Minderwertigkeit durch die Betreuungspersonen haben sie als „Normalität“ erlebt. Kinder und Jugendliche wurden als Menschen mit Einschränkungen nicht ausreichend geschützt, sondern mit den schmerzhaften Auswirkungen oft allein gelassen. In der DDR war sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen tabuisiert, auch aus ideologischen Gründen. Betroffene hatten keine Möglichkeit, Schutz und Unterstützung einzufordern. Aufgrund der Behinderung wurde ihnen der Missbrauch oft nicht geglaubt. Gehörlose Kinder und Jugendliche hatten zudem kaum Möglichkeiten sich verständlich zu machen, da die Gebärdensprache im DDR-Bildungswesen untersagt war und nicht vermittelt wurde. Das isolierte die Betroffenen, erst recht dann, wenn sie Missbrauch und Gewalt erlebten und Hilfe gebraucht hätten.

Anregendes Pausengespräch zwischen Ingo L., Autor und Erfahrungsexperte, und Maria Nooke.
Podiumsgespräch „Das mehrfache Schweigen“: Sabine Helbig-Ruppl (l.), psychosoziale Praxis und psychologische Beraterin, Anett Zimmermann (M.), Erfahrungsexpertin und Silvana Hilliger, Moderation/LAkD.

Auf der Veranstaltung wurde darüber hinaus aus wissenschaftlicher, fachpraktischer und politischer Perspektive über Hilfen für die Betroffenen mit den langjährigen seelischen und körperlichen Folgen sowie die Prävention sexueller Gewalt heute gesprochen. Anwesend waren ca. 120 Teilnehmende. Neben Betroffenen waren dies Menschen aus der sozialen Arbeit, der Wissenschaft oder Politik.

Auch Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung
für die Belange von Menschen mit Behinderungen, begrüßte die Teilnehmenden.
Kerstin Claus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, beendete die Veranstaltung mit einem thematischen Ausblick.